Seitenpfad:

Beschluss des Landesparteitages vom 23.02.2019

23.02.2019

B 02 - Migration und Integration

Das Grundrecht auf Asyl ist für uns unantastbar, eine Flüchtlings- und Asylpolitik nach humanitären Maßstäben ist für uns Pflicht. Verfolgten Menschen geben wir Schutz und die Möglichkeit, in Deutschland sicher zu leben. Flüchtlingen - vor Krieg und anderen Gefahren - bieten wir einen menschenwürdigen Aufenthalt in Deutschland. Viele wünschen sich eine Rückkehrmöglichkeit in ihre Heimat, so dass die Zeit in Deutschland zum Teil tatsächlich zeitlich befristet ist. Andere brauchen nach Jahren des Schutzstatus eine dauerhafte Bleibeperspektive bei uns. Wer als Asylsuchender kam und sich nachweisbar integriert, dem sollen auch andere Einwanderungsmöglichkeiten offen stehen. Einwanderungswilligen ermöglichen wir ein Leben in Deutschland, wenn sie Voraussetzungen zu einer erfolgreichen Integration in unsere Gesellschaft mitbringen oder bereit sind zu erfüllen.

Für alle Zuwanderer – ebenso wie für deutsche Staatsbürger - gilt das Grundgesetz. Wir erwarten von allen Einwohnern unseres Landes, dass sie sich zu unserer grundgesetzlich beschriebenen Ordnung bekennen und sie leben. Das bedeutet auch, dass wir den Aufbau und die Existenz von sog. Parallelgesellschaften, die den Werten unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung entgegenstehen, ablehnen und ggf. unterbinden. Wir alle haben Diskriminierungen zu unterlassen und unser Zusammenleben auf der Grundlage gegenseitiger Wertschätzung zu gestalten. So fordern wir von uns, der Aufnahmegesellschaft, zum Beispiel auch eine höhere Toleranz gegenüber sprachlichen Unsicherheiten und den vermehrten Einsatz von einfachem Deutsch sowie weiteren Fremdsprachen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens.

Familienmitglieder sollen gesetzlich das Recht auf Familiennachzug erhalten; notwendige Härtefallregelungen sollen dabei großzügig gestaltet sein. Mittelfristig soll

das Recht auf Familiennachzug von subsidiär Geflüchteten nach den Regelungen der Genfer Flüchtlingskonvention wiederhergestellt werden.

Um die Integration von allen Zuwanderern zu sichern, unterstützen wir sie mit einer Vielzahl von Maßnahmen:

Für eine erfolgreiche Integration ist der Spracherwerb notwendige Voraussetzung. Über unsere Sprache erfolgt auch der Zugang zum Austausch über gesellschaftliche Normen.
Für Kinder im Kita-Alter halten wir unsere Kindertagesstätten offen, ergänzen die Betreuungsangebote um besondere Sprachförderungsmaßnahmen und erwarten von ihren beiden Elternteilen, an gesonderten Sprachkursen teilzunehmen. Wenn im jeweiligen Bundesland Vorschulunterricht eingerichtet ist, ist er auch für Zuwandererkinder verpflichtend. Aufbauend auf den allgemeinen Sprachkursen bedarf es weiterführender allgemeiner Sprachkurse und berufsbezogener Sprachförderungsangebote.

Schulpflicht und damit auch das Recht auf Beschulung besteht für alle Kinder und Heranwachsenden. Durch die Steuerung der Wohnbelegung in den Fällen, wo der Staat temporär Wohnraum zuordnet und durch eine Wohnraumpolitik, die günstigen Wohnraum in möglichst vielen Stadtteilen anbietet, wollen wir Ballungen von förderungsbedürftigen Zuwandererkindern in Schulklassen vermeiden. Dort, wo dies nur begrenzt erfolgreich ist, werden wir darauf hinwirken, dass Klassengrößen generell unter Berücksichtigung des besonderen Förderbedarfs, z.B. der Sprachintegration von frisch zugewanderten Kindern, mit dem Ziel festgelegt werden, Lernerfolge für alle Kinder möglichst gleichmäßig zu sichern.

Für Menschen im Alter von mehr als 16 Jahren werden wir die Anstrengungen intensivieren, sie zu einem Schulabschluss zu führen.

Für uns ist Erwerbstätigkeit maßgeblich für gesellschaftliche Teilhabe. Um Zuwanderern eine Orientierung für ihre Berufstätigkeit zu geben, werden wir die Vergleichbarkeit ihrer Berufsausbildung und –tätigkeit mit der in Deutschland maßgebenden prüfen und Teilqualifikationen einbeziehen. Dabei werden wir schulische und praktische Ausbildung trennen und ggf. ergänzende individuell bedarfsgerechte Bildungsangebote machen, um den Zuwanderern einen fairen Zugang zu unserer Berufswelt zu sichern. Es muss eine interkulturelle Öffnung in Form von Vielfalt in der Belegschaft erfolgen.

Einen fairen Berufszugang werden wir in Abstimmung mit den Arbeitgebern dadurch unterstützen, dass Bewerbungen ohne Angaben zum Geschlecht, Namen oder Bildinformationen generell eingeführt werden. Die Berufszugangsförderungen stehen allen in Deutschland lebenden arbeitsbereiten Menschen offen. Dasselbe gilt für gemeinnützig organisierte Arbeitsangebote.

Eine angemessene Wohnungsversorgung sicherzustellen, ist öffentliche Aufgabe. Dies kann durch Wohnangebote im Eigentum der öffentlichen Hand geschehen. Wir halten an unserer Forderung nach einer Steigerung von geförderten sozialen Wohnungen auf 30% fest. Öffentliche Wohneigentümer und geförderte private Wohneigentümer werden verpflichtet,

ihre Wohnungsvergaben zur Vermeidung von Ballungen sozial Benachteiligter und von Zuwanderergruppen zu steuern. Damit ist der Segregation der Gesellschaft konsequent entgegenzutreten. Falls nötig ist eine Mietpreispolitik ebenfalls diesem Ziel unterzuordnen.

 

Für einzelne Zuwanderergruppen, z.B. geflüchtete junge Erwachsene, kann es zweckmäßig sein, ihre Integration durch Maßnahmen des ‚betreuten Wohnens‘ zeitlich begrenzt zu unterstützen. Diese Maßnahmen müssen in ihrer Intensität wirksam sein.

Solidarität und die Bedingungen erfolgreicher Integration in Europa werden erheblich verbessert, wenn die Verteilung von Zuwanderern auf europäischer Ebene geregelt wird. Länder am geografischen Rand der EU können nicht allein die Zuwanderung in die Gemeinschaft aufnehmen. Wir fordern von der EU bzw. den europäischen Mitgliedstaaten endlich entsprechende solidarische Regelungen. So könnte man bei Mitgliedsstaaten, die bereit sind Geflüchtete aufzunehmen, positive (finanzielle) Anreize setzen.

Die in Deutschland geltende Meldepflicht ist ein wichtiges Mittel, um die Ordnung und letztlich auch die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Wir halten es für eine Pflicht von allen, korrekte Angaben im Rahmen der Meldepflicht zu machen.

Alle Vereinigungen, Vereine und Gemeinschaften in unserem Gemeinwesen haben die Regeln unserer gesellschaftlichen Ordnung einzuhalten. Einflussnahmen von außen, die gegen unsere Ordnung gerichtet sind, werden wir unterbinden. Um dies zu sichern, aber auch um dem wachsenden organisierten Rechtsextremismus Einhalt zu gebieten, fordern wir die Verfassungsschutzorgane auf, etwaigen Verstößen konsequent nachzugehen. Die politische Neutralität sowie der Schutz der Kernbereiche des Persönlichkeitsrechts müssen hierbei die Grundlage der Arbeit darstellen. Als positives Beispiel ist das Vorgehen des Bremer Verfassungsschutzes bei der Untersuchung der „Jungen Alternativen“ zu nennen.

Gleichzeitig möchten wir Initiativen zur politischen Bildung und zur interkulturellen Kompetenz in Vereinen fördern.

Die Meldepflicht ist auch Grundlage für die in unserem Sozialstaat verankerte Sicherung einer menschenwürdigen Existenz. Eine menschenwürdige Existenz darf nicht an der Frage, ob jemand In- oder Ausländer ist, abhängig sein.

Unter den Regeln unserer verfassungsrechtlichen Ordnung begrüßen wir sowohl das Leben unserer kulturellen Diversität, als auch die der Zuwanderer. Kulturelle Vielfalt ist ein selbstverständliches Element einer Föderationsverfassung und wird durch Zuwanderung bereichert. Ihrer Verbreiterung in Deutschland werden wir uns eingedenk unserer eigenen vielfältigen historischen Verantwortlichkeit stellen.